Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Das Äußere der Kirche
Die Stadtpfarrkirche ist der Anlage nach eine spätgotische Basilika. Ihr Erscheinungsbild ist ein dreischiffiges Gotteshaus mit gewölbten Pfeilern, die von Netzrippen durchzogen sind.
Das steil proportionierte Mittelschiff (27,5 m lang und 17,5 m breit) öffnet sich durch spitzbogige Arkaden zu den geraden Seitenschiffen hin. An der Rückwand befindet sich eine doppelte Westempore. Gegenüber, an der Ostseite, liegt der gestreckte, dreiseitig geschlossene Chor mit einer Mittelschiffgröße von 16,5 Metern Länge und 8,5 Metern Breite. Am südlichen Seitenschiff finden sich rechteckige Kapellenanbauten.
Der nordöstlich stehende Turm weist einen hohen quadratischen Unterbau auf. Es folgen fünf frühgotische Geschosse mit flachen spitzbogigen Friesen, ein Oktogon und eine Zwiebelhaube aus dem Jahr 1596 schließen ab. Aus alten Abbildungen geht hervor, dass der Turm vor 1596 eine hohe grüne Spitze aufwies, die schließlich abgebrochen und durch eine Kuppel ersetzt wurde. Ganz oben ziert den 53 Meter hohen Turm eine kleine Kugel und das Scheyerer Kreuz. Dort, wo die viereckige Baukonstruktion des Turmes ins Achteck übergeht, finden sich in 40 Meter Höhe vier steinerne Köpfe. Jeder hat einen 20 Zentimeter langen Hals und blickt in eine andere Himmelsrichtung.
Heute ist der wuchtige Glockenturm, wie er sich aus dem „Kirchenbergerl“ heraus erhebt, ein weithin sichtbares Wahrzeichen in der Silhouette der Stadt. Letzterer gehört er übrigens auch. Außerdem hat er eine eigene Hausnummer.
Die Stadtpfarrkirche ist der Mutter Gottes geweiht. Gleich über dem Hauptportal zeigt ein rundes Relief sie und das Jesuskind. Das Relief wurde von dem Aichacher Josef Rehle nach Motiven des spanischen Malers Bartolomé Murillo gestaltet. In früheren Jahrhunderten gab es außerdem noch den Hl. Vitus als zweiten Kirchenpatron. Heute erinnert nur noch der Aichacher „Veitsmarkt“, der Jahr für Jahr um den 15. Juni herum stattfindet, an diesen Schutzheiligen.
Eine Urkunde vom 7. Dezember 1397 deutet darüber hinaus darauf hin, dass womöglich auch der Hl. Georg ehemals Kirchenpatron der Aichacher Stadtpfarrkirche war.
Rundgang durch die Stadtpfarrkirche
Raumbeherrschend ist der prächtige, goldglänzende Rokoko-Hochaltar in der Ostapsis des gotischen Chores. Er wurde in den Jahren 1769 – 1771 von Schreinermeister Johann Anton Wiest aus Schrobenhausen gearbeitet und weist eine Höhe von 13,5 Metern sowie eine Breite von 8,1 Metern auf. Er ist das bedeutendste Kunstwerk im Stadtgebiet Aichachs – und nach dem Altar der Wallfahrtskirche St. Leonhard in Inchenhofen (der ebenfalls ein Werk von Wiest ist) wohl sogar auch im Altlandkreis Aichach.
Der frühere Hochaltar stammt vermutlich aus dem Kloster Geisenfeld. Sein Verbleib ist ungeklärt.
Das Altarblatt – die Himmelfahrt Mariens – ist eine der besten Arbeiten des Inchenhofener Malers Ignaz Baldauf. Dieser avancierte Jahre später zum bischöflichen Hofmaler in Augsburg. Kraftvoll in Farbgebung und Ausdruck präsentiert sich dieses Hauptwerk von Ignaz Baldauf und zieht auch den heutigen Besucher der Pfarrkirche sofort in seinen Bann. Über dem Altargemälde thront die heilige Dreifaltigkeit – Gottvater, Sohn und Heiliger Geist. Die sie umgebenden Putten tragen Symbole aus der Lauretanischen Litanei in Händen: Morgenstern, Turm Davids, Spiegel der Gerechtigkeit, goldenes Haus.
Der gesamte Altar wurde mehrfach renoviert, zuletzt 1977/78. Bei einer Restaurierung im Jahr 1955 ließ man die Attribute der beiden Bischöfe (Hl. Abrosius links und Hl. Augustinus rechts) weg: Dem Hl. Ambrosius fehlt nun sein Bienenkorb als Zeichen der Gelehrsamkeit und dem Hl. Augustinus der kleine Engel, der das Meer ausschöpfen will. Beide Figuren sind der Kunstepoche des Jugendstil zuzurechnen.
Das Chorgestühl ist im Stil der Neugotik gestaltet und wurde in den 80er-Jahren erneuert.
Blickt man vom Chor aus nach oben ins Kirchenschiff, so fallen die von Otto Endres in den Jahren 1861 und 1863 gearbeiteten Apostelfiguren ins Auge. Diese Plastiken befinden sich unter den aufgesetzten Säulen im Kirchenschiff.
Der in Sandstein gehauene Kreuzweg stammt aus der Zeit des Jugendstil und wurde von Professor Georg Busch, einem renommierten Bildhauer seiner Zeit, gearbeitet. Die Tafeln des Kreuzweges sind in die Wände eingelassen und überaus eindrucksvoll.
Am rechten Seitenschiff sind nach Süden hin Kapellen angebaut. Rechts neben der Grabkapelle stehen die Eltern der Gottesmutter: Joachim und Anna. In der Grabkapelle selbst hängt ein großes Kruzifix, darunter die Darstellung einer Schmerzhaften Madonna. Die Neugotische Plastik wurde von Otto Endres gearbeitet und von Therese Reithmeier gestiftet. In eine Wandnische steht zudem „Jesus an einer Säule angekettet“. Das Werk entstand um 1700. Das Gitter mit den „Lebensbäumen“ unmittelbar vor der Kapelle fertigte Emil Gerum im Jahr 1977.
Die angrenzende Kapelle ist im Grunde der Südeingang der Kirche. Hier sind an den Wänden sechs Grabplatten am dem Jahr 1505 eingelassen.
Kunsthistorisch überaus bedeutsam ist die Kreuzigungsgruppe in der
Beichtkapelle. Geschaffen hat sie Jakob Bradl. Ursprünglich war sie auf
einem Kreuzaltar aufgestellt. Nach einer Restaurierung wurde sie in
ihrer ursprünglichen Komposition zusammengeführt.
Das Werk zeigt Jesus am Kreuz, daneben Maria und Johannes. Beide
Begleitfiguren stehen unmittelbar unter den ausgebreiteten Armen von
Jesus. Aus ihren Gesichtern sprechen stiller Schmerz und unendliche
Trauer. Schlicht, aber ergreifend und zutiefst anrührend stellen sie so
das Leid des Menschen dar, noch nichts ahnend von einer Erlösung.
Auch die große Pietà in der Beichtkapelle stammt aus der Zeit des
Jugendstil. Sie ist ein Werk des Jugendstilbildhauers Professor Josef
Wackerle aus München.
An der Stirnseite des südlichen Seitenschiffes erhebt sich der Stadtpatron der Stadt Aichach, der Hl. Sebastian. Er ist an einen Pfahl gebunden, gezeichnet von Pfeilstichen. Die Darstellung zeigt ihn vor seinem Märtyrertod.
An der Stirnseite des nördlichen Seitenschiffes ist die barocke Bibelszene „Mariä Verkündigung“ zu bewundern. Sie ist ebenfalls dem Jugendstil zuzurechnen. Unterhalb befindet sich ein kleiner Altartisch. In ihm befindet sich zur Weihnachtszeit die Krippe der Schulschwestern.
Aus jüngster Zeit stammt der quadratische Volksaltar, der sich mitten im Chorraum befindet. Er wurde 1985 vom damaligen Augsburger Bischof Dr. Josef Stimpfle geweiht und ist ein Werk von Matthäus Wörle, einem früheren Mesner der Stadtpfarrkirche und zugleich begnadetem Schreiner. Um eine mächtige Solnhofener Kalksteinplatte schuf Wörle den Altar aus hartem Eichenholz. Nach dem Entwurf Wörles fertigte ein oberammergauer Bildhauer die den Altartisch umlaufenden Schnitzereien und das silbern glänzende Lamm Gottes an der Frontseite. Im Reliquiengrab des Altares wurden die Reliquien des ugandischen Märtyrers Karl Lwanga und des heiligen Papstes Pius X. beigesetzt.
Zwei Westfenster der Stadtpfarrkirche unterhalb der Orgelempore weisen spätgotische Glasgemälde auf. Die obere Scheibe stellt vermutlich das Aichacher Stadtwappen dar und trägt die Jahreszahl 1508. Die ehemalige Farbgebung lässt sich heute nur noch erahnen.
Sehr wertvoll ist auch das untere kleine Glasgemälde. Es stammt vermutlich ebenfalls aus dem Jahr 1508 und stellt das Motiv „Anna Selbdritt“ (Anna mit ihrer Tochter Maria und deren Sohn Jesus) dar. Die Inschrift „O hailig Frau St. Anna verlas mich nit“ ist lediglich einer genauen Beschreibung aus dem Jahr 1950 zu verdanken. Am Original ist der Text nicht mehr zu entziffern.
Baugeschichte der Kirche
Die Anfänge der katholischen Stadtpfarrkirche reichen bis ins 12. Jhd. zurück. So legt es zumindest eine urkundliche Erwähnung der Pfarrkirche vom 17. September 1153 nahe. 1210 übergab Herzog Ludwig der Kelheimer die Kirche zu Aichach dem deutschen Orden. Von dem ursprünglich romanischen Bau ist heute nicht mehr viel zu sehen. Das Langhaus endete vermutlich an den Stufen des jetzigen Chores, eine Altarnische war angesetzt. Vom Turm stand nur das Untergeschoss.
Erst um 1450 nahm die Kirche – damals ein frühgotischer Sakralbau – ihre heutige Gestalt an. Doch weder eine Baunachricht noch ein Weihedatum sind erhalten. Den Beweis für diesen frühgotischen Bau liefern sechs vermauerte Fenster in der Hochwand des Mittelschiffes. Sie sind unter der Dachschräge der Seitenschiffe verborgen und von außen nicht sichtbar. Diese Fenster lassen erahnen, dass die Seitenschiffe und das Mittelschiff einst viel niedriger als heute waren.
Das 18. Jhd., bekannt für seine barocke Lebensfreude, war ein Jahrhundert der „Baufreudigkeit“ – insbesondere der Fürsten und Äbte. Auch in Aichach war man bemüht, die Pfarrkirche zu verschönern und auszustatten.
1709 und 1777 kamen kleine Kapellen am südlichen Seitenschiff hinzu. 1771 wurde die Kirche selbst weitgehend barockisiert. Der Hochalter im Stil des Rokoko stammt aus der Hand des Kirchenschreiners Johann Anton Wiest aus Schrobenhausen und ist beinahe eine – wenn auch etwas vereinfachte – Kopie des Hochaltars zu Osterhofen eines Egid Quirin Asam.
Das 19. Jhd., die Zeit der Neugotik, war gekennzeichnet von der Wiederaufnahme gotischer Bauformen. In Aichach war es der damalige Stadtpfarrer Konrad Danhauser, der in den Jahren von 1861 bis 1863 eine groß angelegte Kirchenrestaurierung im neugotischen Stil durchführte. Er bestellte eine neue Orgel, ließ zudem das Chorgestühl einbauen und verlegte rund 40 Grabplatten, die bislang im Inneren der Kirche angebracht waren, nach außen.
Eine neuerlich durchgeführte Veränderung erfuhr die Kirche in der Zeit zwischen 1906 und 1908: Der Jugendstil zog in das Aichacher Gotteshaus ein. Nach Vorstellungen des Münchner Geheimrats Professor Richard Berndl wurde das Innere der Kirche umgestaltet. Der gesamte Kirchenraum wurde in einen violetten Farbton getaucht, „elektrische Beleuchtungskörper“ wurden angebracht.
Auch die Kreuzwegstationen, einzelne Statuen und vor allem die wertvolle Kreuzigungsgruppe stammen aus dieser Kunstepoche.
Wieder vom Jugendstil befreien ließ Stadtpfarrer Johan Baptist Reiter die Kirche in den Jahren 1955 und 1956. Die Jugendstilausmalung im Innen des Gotteshauses wurde übertüncht, der Hochaltar wieder in seinen ursprünglichen farblichen Zustand versetzt und die Holzaufbauten an zwei Altären wieder abmontiert.
Vom Jahr 1976 bis Mitte der 80er Jahre wurde die Stadtpfarrkirche erneut renoviert. Eine aufwendige Mauersanierung musste durchgeführt werden. der Chorraum wurde neu gestaltet, eine neue Orgel hielt Einzug, ein Volksaltar fand im Chorraum Platz.